Carmen

Über das Projekt

Josefina-Marie Söllner und ich haben uns entschieden, an Halloween 2022 nicht nur ein lustiges Halloweenshooting für schöne Bilder zu machen. Wir wollten dieses Jahr auf ein Thema aufmerksam machen, dass uns beide sehr zum Nachdenken angeregt hat. Ein Thema mit welchem wir beide bereits Kontakt hatten. Diesmal haben wir uns keinen Gruselfilm der uns inspiriert hat ausgesucht, sondern haben uns mit einem Thema befasst, dass in der Realität so schrecklich ist, dass wir am liebsten den Ton aus und die Augen zu machen würden, wie man es bei jeder Gewaltszene in einem Film machen könnte. Aber das geht nicht. Es geht nicht, weil es uns alle betrifft. Es ist kein Film, den man eben mal schnell weg schalten kann. Es ist ein Thema bei dem viele wort-wörtlich über Leichen gehen ohne noch einmal darüber nachzudenken.

Jährlich sterben unzählige Frauen durch Gewalt. Allein in Österreich waren es bis zur Entstehung dieses Projektes (Oktober 2022) 28[1] Frauen. Beziehungsprobleme werden oft hinter verschlossenen Türen ausgefochten. Nicht selten führt der Druck gesellschaftlichen Rollenbildern gerecht zu werden zu Handgreiflichkeiten, psychische Gewalt und schlussendlich leider zu oft zum Tod einer Frau. Jeden Tag gibt es laut Polizeilichen Untersuchungen einen Tötungsversuch. Leider agieren die Behörden meist erst wenn es schon zu spät ist.

Aus diesem Grund widmeten Josefina-Marie Söllner und ich unser Fotoprojekt 2022, um auf dieses Thema aufmerksam zu machen. In einer Fotoserie aus 4 Bildern mit dem Titel "Carmen", in Anlehnung an die gleichnamige Oper von Georges Bizet, welche über 4 Tage verteilt von uns veröffentlich wurden, versuchten wir die unterschiedlichen Phasen des Prozesses metaphorisch darzustellen. Gewalt an Frauen passiert in den meisten Fällen nicht von jetzt auf gleich. Es ist oft ein schleichender Prozess, den das soziale Umfeld in vielen Fällen anfangs noch nicht so stark wahrnimmt, bis es schließlich zu spät ist. Unsere Bildreihe verkörpert den Prozess der ersten, u.U. unterbewusst wahrgenommenen psychischen Gewalt (“Erste Anzeichen”), über das erste bewusst werden der Situation (“Aussichtslos?”), einem verzweifelten Hilfeschrei (“Händeringend”) bis schließlich alle Hilfe zu spät kommt (“Die Tat”). 

Von 16. März bis 6. Mai 2023 wurden zwei Bilder dieses Projektes in der Leica Galerie Salzburg im Zuge der Ausstellung “Der Moment macht das Bild - Part II” ausgestellt und zum limitierten Verkauf angeboten.


[1] Vgl. Autonome Österreichische Frauenhäuser: Mutmaßliche Femizide 2022, S.9